Bargeldloser Zahlungsverkehr: Unterschied zwischen den Versionen
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Der bargeldlose Zahlungsverkehr oder der unbare Zahlungsverkehr bezeichnet das Übertragen von Zahlungsmitteln ohne Bargeld. Im bargeldlosen Zahlungsverkehr ist eine weitere Unterscheidung nach dem beleghaften und dem nicht-beleghaften Zahlungsverkehr üblich.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Anthropologischen Erkenntnissen zufolge ist der bargeldlose Zahlungsverkehr deutlich älter als das Bargeld; vielmehr ist anzunehmen, dass Bargeld eingeführt wurde, um Zahlungsverpflichtungen unmittelbar abgelten zu können.[1] Das in islamischen Ländern bekannte Hawala-Finanzsystem wurde bereits 1327 dokumentiert, es gab jedoch schon Jahrhunderte zuvor Verrechnungen von Forderungen und Verbindlichkeiten über eine räumliche Distanz hinweg.
Im Spätmittelalter breitete sich von Italien aus unter Kaufleuten eine Form von kontenmäßiger Verrechnung in Europa und letztlich weltweit aus, die ein direkter Vorläufer des heutigen bargeldlosen Zahlungsverkehrs ist.
Geschichtliche Entwicklung in Deutschland
Die Wirtschaftskrise des Jahres 1907 in Deutschland gab einen Anstoß zur Einführung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs, um die Geldversorgung der Wirtschaft unabhängiger vom Bargeld zu gestalten.[2] Seit 1910 stieg die Bedeutung der Zahlungsverkehrsfunktion für Landesbanken, da sie zur zentralen Verrechnungsstelle bei der Beschleunigung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs wurden.[3] Seit Februar 1911 übernahm die Stadtsparkasse Köln die Funktion der Girozentrale in der Rheinprovinz. Am 20. Juni 1914 beschloss der Rheinisch-Westfälische Sparkassentag in Köln, die Landesbank der Rheinprovinz anstelle der Stadtsparkasse Köln als Girozentrale einzusetzen.[4] Johann Christian Eberle, Bürgermeister der Stadt Nossen, hatte die Vorteile eines sparkasseneigenen, geschlossenen Zahlungsverkehrsnetzes erkannt und die Gründung von Girozentralen als zentrale Verrechnungsstelle in jedem Land Preußens vorgeschlagen. Auf Eberles Initiative hin kam es am 5. Oktober 1908 zur Gründung des Giroverbandes Sächsischer Gemeinden mit 151 Mitgliedern, der eigentliche Giroverkehr begann am 2. Januar 1909 mit der ersten deutschen Girozentrale, die in Dresden den Giroverkehr für 143 Girokassen aufnahm.[5] In der Folge gründeten sich weitere Giroverbände, und am 26. Oktober 1916 schlossen sich 12 Giroverbände zum „Deutschen Zentral-Giroverband“ zusammen. Ab 1923 begann der Zusammenschluss von in der gleichen Region tätigen Landesbanken mit reinen Girozentralen, was zur Schaffung der „Gemeinschaftsbanken“ führte.[6] Seitdem war die Landesbankfunktion mit der der Girozentrale in einem Bankinstitut vereint. Damit war der bargeldlose Zahlungsverkehr national organisiert.
Mit der Gründung der Reichsbank im Januar 1876 übernahm diese neben hoheitlichen Aufgaben auch Aufgaben im bargeldlosen Zahlungsverkehr. An einigen zentral gelegenen Orten trafen sich die Boten der Kreditinstitute und verrechneten die gesammelten Schecks und Überweisungen miteinander, die Spitzenbeträge wurden über die Reichsbankkonten, die von den Kreditinstituten bei der Reichsbank zu unterhalten waren, im Rahmen der großen Abrechnung verrechnet. Überweisungen an andere Orte wurden dann innerhalb der Reichsbank durch körperliche Übersendung der Belege verrechnet. Nach Gründung der Bank deutscher Länder und Ihrem Rechtsnachfolger, der Deutschen Bundesbank mit ihren örtlichen Filialen, den Landeszentralbanken, wurde die direkte Verrechnung zwischen den Banken mit Ausnahme der Hamburger Abrechnung 1949 abgeschafft. Alle Beträge wurden mit den Landeszentralbanken verrechnet.
Um mit den Überweisungsbeträgen während der Postlaufzeit der Belege zinsbringend arbeiten zu können (Float), wurden größere Beträge so lange wie möglich im eigenen Filialnetz gehalten. Die Sparkassen bedienten sich hierzu der Landesbanken oder Girozentralen, der Genossenschaftssektor der Volksbanken und die Raiffeisenbanken bedienten sich der Genossenschaftszentralen.
Auch die Postscheckämter, als Rechtsvorgänger der Postbank, hielten die Beträge im eigenen Netz.
Automatisierungsschritte
Mit Einführung der Bankleitzahlen und der Einigung der Spitzenverbände der Kreditinstitute auf ein einheitliches Überweisungsformular mit einem besonderen Bereich, für eine OCR-fähige Beschriftung wurden die Überweisungsbelege und Schecks maschinenlesbar und auf besonderen Anlagen maschinell auch sortierbar, außerdem erfolgte eine automatisierte Verfilmung der Belege. Die Belege mussten aber weiterhin körperlich zum Institut des Zahlungsempfängers, bei Schecks zum Institut des Zahlungspflichtigen, transportiert werden.
Die Postscheckämter nahmen an dieser Belegstandardisierung etliche Jahre nicht teil.
Für Kunden wurde ferner das Datenträgeraustausch-Verfahren (DTA) geschaffen. Mit diesem Datenträgeraustausch wurde die Erstellung von Belegen überflüssig. Die Überweisungen oder Lastschriften wurden auf Datenträgern wie Magnetbändern oder auch Disketten zur weiteren Ausführung eingereicht.
Ab Mitte der 1990er Jahre wurden sämtliche weitere Angaben in den Betreffzeilen der Überweisungen maschinell eingelesen oder von Hand erfasst. Der Belegtransport konnte entfallen. Die Daten aus der Überweisung wurden entweder innerhalb des Institutssektors oder zur Bundesbank über Standleitungen übertragen und weiterverarbeitet.
Geschichtliche Entwicklung in der Schweiz
Der bargeldlose Zahlungsverkehr existierte hier bereits, bevor die Schweizerische Nationalbank 1905/1906 ihre Tätigkeit aufnahm. 1905 erhielt sie ein Mandat, diesen bargeldlosen Zahlungsverkehr zu vereinfachen. Sie setzte dies um mittels eines dezentralem Überweisungssystems. Während der Weltwirtschaftskrise dann trat die Schweiz einem internationalen Clearing-System bei.[7]
Funktionsweise
- Siehe auch Artikel Überweisung (Zahlungsverkehr)
Der bargeldlose Zahlungsverkehr erfolgt üblicherweise über Kreditinstitute und betrifft Zahlungen in der Form von Buchgeld zwischen Kontokorrentkonten, auch Girokonten genannt, bei denen kein Bargeld bewegt wird. Das Konto des Auftraggebers wird mit dem Zahlungsbetrag belastet, der Empfänger erhält eine entsprechende Gutschrift auf seinem Konto. Die Kreditinstitute erbringen die Dienstleistung des Transfers und erhalten meist eine Gebührengutschrift, eventuell im Rahmen von Kontoführungspauschalen.
Wird Geld von einer Bank zur anderen bewegt, so geschieht dies über die so genannten Gironetze oder Girokreise. In Deutschland existieren fünf Gironetze, die ihrerseits ebenfalls vernetzt sind und auch Zahlungen mit dem Ausland abwickeln[8]
- das Netz für LZB-Giroverkehr der Deutschen Bundesbank und ihre Landeszentralbanken
- das Postgironetz der Deutschen Postbank AG
- das Netz für den Privatgiroverkehr der Kreditbanken (Großbanken, Regionalbanken und Privatbanken)
- das Spargironetz der Deutschen Girozentrale, der Kommunalbanken und der Sparkassen
- das Netz für den Ringgiroverkehr der Genossenschaftsbanken[9]
Zahlungen und Auslandszahlungsaufträge innerhalb der EU gehen ab einer Einzelsumme von EUR 12.500,00 in die nationale Zahlungsbilanzstatistik ein, hierfür sind dann zusätzliche Angaben zum Grundgeschäft für nationale Statistiken erforderlich. Derartige Aufträge werden zwischen den Banken meist über SWIFT oder TARGET abgewickelt.
Seit Januar 2008 existiert das Verfahren nach Single Euro Payments Area (SEPA), das im Euro-Zahlungsverkehr die Grenze zwischen nationalen und europäischen Transaktionen für den Bankkunden verschwinden lässt und in Zukunft alle Überweisungen (auch im Inland) standardisiert.
Zahlungsverkehrsarten
Bargeldlose Zahlungsarten im Überblick | |||||
---|---|---|---|---|---|
Vorgang | Abrechnung | Bonität geprüft? |
Kosten | Sonstiges | |
Scheck | Scheckformular + Unterschrift | Offline | Nein | keine | Im Geschäft mit privaten Kunden nach dem Wegfall des EC die Ausnahme, unter bekannten Geschäftspartnern aber weiterhin üblich. |
Überweisung | Überweisungsauftrag + Unterschrift | Online | Ja | keine | Häufig auch per Onlinebanking. |
Lastschriftverfahren | Girocard + Unterschrift | Offline | Nein | keine | Auf Vertrauensbasis (Stammkunden, geringe Beträge). |
Online- Lastschriftverfahren |
Girocard + Unterschrift | Online | Nein | 0,05 € (Sperrdateiabfrage) | Nur Abfrage nach Sperrung (keine Bonitätsprüfung). Bis 31. Dezember 2006 über PoZ, seither nur durch Teilnahme an KUNO. |
Electronic Cash | Girocard oder Bankkundenkarte + PIN |
Online | Ja | 0,3 % des Umsatzes (min 0,08 €) | Für Zahlungen im Laden / am Tresen. |
Maestro | Maestro-Karte + PIN | Online | Ja | (gemäß Vereinbarung mit dem Acquirer) | Hauptsächlich für ausländische Kunden. |
V-Pay | V-Pay-Karte + PIN | Online | Ja | (gemäß Vereinbarung mit dem Acquirer) | Hauptsächlich für ausländische Kunden. |
Kreditkarte | Kreditkarte + Unterschrift | On- und Offline | Ja | (gemäß Vereinbarung mit dem Acquirer) | Weltweit verbreitet. |
GeldKarte | aufgeladene GeldKarte | Offline | Ja | 0,3 % des Umsatzes (min. 0,01 €) | Garantie wegen vorherigem Aufladen der Karte. |
Bei den angegebenen Kosten für den Unternehmer (z. B. Verkäufer im Einzelhandel) sind gegebenenfalls zusätzliche Bankgebühren für die Buchungen auf dem Konto des Zahlungspflichtigen und dem Konto des Zahlungsempfängers zu berücksichtigen.
Auftragserteilung
Üblicher Weg der Auftragserteilung in Deutschland ist die persönliche Beauftragung in einer Filiale der Bank, oder die Beauftragung über das elektronische Bankgeschäft.
Es gibt derzeit die folgenden grundsätzlichen Auftragsarten im klassischen Zahlungsverkehr:
- Überweisung (eine Unterart der Überweisung ist z. B. der Dauerauftrag, bei der eine regelmäßig wiederkehrende Zahlung von der Bank automatisch ausgeführt wird)
- Scheck (Barscheck, Verrechnungsscheck und Orderscheck, der garantierte EC-Scheck wurde abgeschafft)
- Wechsel
- Lastschriften werden aufgrund einer Vertragsbeziehung durch den Zahlungsempfänger erstellt und laufen von seinem Kreditinstitut zum Kreditinstitut des Zahlungspflichtigen, dessen Konto mit dem Betrag belastet wird.
Neben diesen Grundarten gibt es eine Vielzahl von elektronisch basierten Zahlungsmöglichkeiten wie die GeldKarte, Debitkarten (in Deutschland: Electronic Cash) – sowie die Kreditkarten. Neben der persönlichen Auftragsabwicklung in einer Filiale ist Beschaffung von Bargeld an Geldautomaten sowie die bargeldlose Bezahlung an Kassen, welche in das System des Electronic Cashs eingebunden sind, möglich.
Letztlich bedienen sich die Kartenzahlungen auch einer der oben genannten Grundzahlungsverfahren – meist werden die Beträge per garantierter, nicht rückgebbarer Lastschriften beim Karteninhaber eingezogen und seinem Konto belastet. Neben der Funktion der Karten als bargeldloses Zahlungsmittel dienen sie hauptsächlich der Bargeldbeschaffung und, bei der Kreditkarte, der kurzfristigen Kreditinanspruchnahme.
Vor- und Nachteile
Vorteile für Kontoinhaber
- schnelle und bequeme Zahlungen ohne Risiko des Verlustes auf dem Zahlungswege
- Sicherheit durch geringe Bargeldhaltung
- Kostenvorteile gegenüber anderen Zahlungsformen
- Zinserträge aus Guthaben
Nachteile für Kontoinhaber
- Ggfs. Auszahlungsentgelte an Geldausgabeautomaten
- Protokollierbarkeit/Nachverfolgbarkeit des Geldverkehrs, auch zum Zwecke der Überwachung
Statistische Angaben
Daten zum bargeldlosen Zahlungsverkehr in Deutschland werden von der Deutschen Bundesbank und vom Zentralen Kreditausschuss bereitgestellt. 2010 wurden in Deutschland 64,5 Billionen Euro bargeldlos übertragen. Der überwiegende Anteil der bargeldlosen Transaktionen entfällt auf Überweisungen.[10]
Zahlungsmittel | Anteil 2010 |
---|---|
Überweisungen | 81,0 % |
Lastschriften | 18,3 % |
Schecks | 0,4 % |
Debitkarten | 0,2 % |
Kreditkarten | 0,1 % |
Siehe auch
- Geldwäsche in Hinblick auf Überwachungspflichten der Kreditinstitute
- EBPP für Modelle des elektronischen Zahlungsverkehrs
- Elektronisches Geld
- Electronic Banking
- Guthabenkarte
Literatur
- Sebastian Omlor: Zahlungsdiensterecht (§§ 675c-676c BGB). In: Staudinger, Großkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Nebengesetzen. Sellier / de Gruyter, 2012, ISBN 978-3-8059-1131-3
Externe Links
- iconomix: Zahlungsverkehr der Schweiz. Abgerufen am 8. April 2013 (deutsch, Wie der bargeldlose Zahlungsverkehr in der Schweiz abgewickelt wird).
- Markus Breitschaft, Thomas Krabichler, Ernst Stahl, Georg Wittmann: Sichere Zahlungsverfahren für E-Government. (PDF) In: Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (Hrsg.): E-Government-Handbuch. Bundesanzeiger Verlag, 2005, ISBN 3-89817-180-9, 144 Seiten, 43 Abbildungen, 32 Tabellen
- Simulation einer ec-cash Zahlung (Flash; 000 kB)
Einzelnachweise
- ↑ David Graeber: Schulden. Die ersten 5000 Jahre. Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2012, ISBN 978-3-608-94767-0
- ↑ Hans Pohl: Wirtschaft, Unternehmen, Kreditwesen, soziale Probleme, Band 1, 2005, S. 979
- ↑ Hans Pohl: Wirtschaft, Unternehmen, Kreditwesen, soziale Probleme, Band 1, 2005, S. 972
- ↑ Hans Pohl: Die rheinischen Sparkassen, 2001, S. 112
- ↑ Hans Pohl: Wirtschaft, Unternehmen, Kreditwesen, soziale Probleme, Band 1, 2005, S. 980
- ↑ Melchior Palyi, Paul Quittner: Handwörterbuch des Bankwesens. 1933, S. 723 ff.
- ↑ Historisches Lexikon der Schweiz
- ↑ Hermann May: Wirtschaftsbürger-Taschenbuch. Oldenbourg Verlag, München 2003, ISBN 3-486-27237-3
- ↑ Arten der Gironetze (PDF; 22 kB)
- ↑ Bargeldloser Zahlungsverkehr – Umsätze. Daten: Deutsche Bundesbank und Zentraler Kreditausschuss (ZKA); veröffentlicht vom Bundesverband deutscher Banken.
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