Hyperinflation

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Deutsche Banknoten aus der Zeit der Hyperinflation 1923
Reichsbanknote 5 Milliarden Mark vom 10. September 1923
Höchste jemals gedruckte deutsche Banknote 15. Februar 1924

Hyperinflation ist eine Form der Inflation, in der sich das Preisniveau sehr schnell erhöht. Eine allgemein akzeptierte Definition existiert nicht, eine 1956 von Phillip D. Cagan aufgestellte Faustregel[1] von monatlichen Inflationsraten von 50 % (entsprechend einer jährlichen Rate von umgerechnet rund 13.000 %) ist aber weit verbreitet. Vereinfacht ausgedrückt ist eine Hyperinflation eine unkontrollierbare Inflation mit extrem hoher monatlicher Rate. Meist dauern Hyperinflationen nur eine kurze Zeit und enden in einer Währungsreform.

Allgemeines[Bearbeiten]

Vor dem 20. Jahrhundert waren Hyperinflationen selten, da die Ökonomien bei Überschreitung eines gewissen Inflationsniveaus zu ungeprägten Edelmetallen als Geldersatz oder zu Naturaltausch übergingen. Die immer weitere Verbreitung von ungedecktem Geld (Fiatgeld) ermöglichte Hyperinflationen. Der Verursacher der (Hyper-)Inflation ist immer der Staat, da er sich zur Deckung seiner Ausgaben (Erfüllung von Leistungsversprechen) permanent verschulden muss und damit letztlich das Vertrauen in die eigene Währung untergräbt.[2]

Während gewöhnliche Inflationen meist mit ökonomischen Ursachen begründet werden, sind Hyperinflationen darüber hinaus fast immer mit schwerwiegenden Erschütterungen der Volkswirtschaft infolge von Krieg, Bürgerkrieg oder gesellschaftlichen Umbruchsituationen verbunden. Die sowjetische Hyperinflation von 1919 bis 1922 hatte das Ziel der Abschaffung des Geldes als Zahlungsmittel.

Kapitalflucht[Bearbeiten]

Wie bei einer Inflation kommt es sehr schnell zu Anlagen in fremder Währung. Um die damit verbundene Kapitalflucht zu stoppen, kommt es während der Hyperinflation zu Devisenbewirtschaftung und massiver Devisenverkehrsbeschränkung. Angesichts des seit Ende des 20. Jahrhunderts möglichen weltweiten bargeldlosen Zahlungsverkehrs sind jedoch solche Maßnahmen nur noch begrenzt möglich.

Flucht in Sachwerte[Bearbeiten]

Eine Hyperinflation führt bei den Geldanlegern oft zu einer „Flucht in Sachwerte“ und zu einem weitgehenden Verlust aller anderen Geldanlagen wie z. B. Anleihen, welche auf die betreffende Währung lauten. Dies ist ein sich selbst verstärkender Vorgang.

Sachwerte sind vorrangig Immobilien und Rohstoffe, aber auch Edelmetalle oder Aktien. Die Folge ist oft eine vorübergehende Verknappung von Zahlungsmitteln, wenn beispielsweise die Kunden einer Bank ihre gesamten Ersparnisse abheben.

Quantitätsgleichung der Hyperinflation[Bearbeiten]

Eine Erklärung für das Ansteigen des allgemeinen Preisniveaus in der Hyperinflation bietet die Quantitätsgleichung von Irving Fisher:

<math>\text{Transaktionsanzahl} \cdot \text{Preisniveau} = \text{Geldmenge} \cdot \text{Umlaufgeschwindigkeit}</math>

Diese Formel lässt sich umformen zu:

<math>\text{Preisniveau} = \frac{\text{Geldmenge} \cdot \text{Umlaufgeschwindigkeit}}{\text{Transaktionsanzahl}}</math>

Das Preisniveau steigt also demnach u. a.

  • proportional zur Geldmenge (wenn etwa die Zentralbank mehr Geld in Umlauf bringt, Umlaufgeschwindigkeit und Transaktionsanzahl jedoch unverändert bleiben);
  • desgleichen proportional zur Umlaufgeschwindigkeit, wenn Geldmenge und Transaktionsanzahl unverändert bleiben;
  • ebenso proportional zum Kehrwert der Transaktionsanzahl (z. B. bei Störung des Wirtschaftskreislaufs durch Katastrophen, wenn etwa plötzlich die Lieferbarkeit wegbricht, aber die Nachfrage bleibt, wobei Geldmenge und Umlaufgeschwindigkeit unverändert sein sollen).

Geschichte[Bearbeiten]

Es gibt verschiedene geschichtliche Episoden von Hyperinflationen mit monatlichen Inflationsraten von über 50 Prozent. Beispiele sind

Zeitraum Land Resultat Anmerkungen
1919–1922 Sowjetrussland
1922–1924 Sowjetunion maximale monatliche Inflationsrate von 212 %
1919–1923 Deutsches Reich 1.000.000.000.000 Mark

→ 1 Rentenmark (15. November 1923)

maximale monatliche Inflationsrate von 29.525 % im Oktober 1923; 11 Monate über 50 %[3]

siehe: Deutsche Inflation 1914 bis 1923

1919–1924 Österreich 10.000 Kronen

→ 1 Schilling (20. Dezember 1924)

maximale monatliche Inflationsrate von 129 % im August 1922; 4 Monate über 50 %[3]
1921–1926 Ungarn 12.500 Korona (Kronen)

→ 1 Pengő (27. Dezember 1926)

maximale monatliche Inflationsrate von 98 % im Juli 1923; 5 Monate über 50 %[3]
1921–1924 Polen 1.800.000 Polnische Mark

→ 1 Złoty (14. April 1924)

maximale monatliche Inflationsrate von 275 % im Oktober 1923; 9 Monate über 50 %[3]
1923 Freie Stadt Danzig Einführung der Danziger Gulden maximale monatliche Inflationsrate von 2.440 %
1943/44 Griechenland 50.000.000.000 Erste Drachmen

→ 1 Zweite Drachme

maximale monatliche Inflationsrate von 13.800 %
1945 Taiwan maximale monatliche Inflationsrate von 399 %
1945–1946 Ungarn 400.000.000.000.000.000.000.000.000.000 Pengő

→ 1 Forint

höchste jemals erreichte Inflation mit einer maximalen monatlichen Rate von 4,19 Billiarden Prozent (Verdreifachung der Preise pro Tag)
1943–1949 Volksrepublik China[4] 15.000.000.000.000.000.000 Yuan

→ 1 Renminbi

maximale monatliche Inflationsrate von 5.070 %
1985 Bolivien[5]
1988 Nicaragua[6]
1988 Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien

[7][8]

1989 Polen[9] 10.000 Polnische Złoty (PLZ)

→ 1 Neuer Polnischer Złoty (PLN) (1. Januar 1995)

1989/1990 Brasilien[10] maximale monatliche Inflationsrate von 84 %[11]
1989/1990 Argentinien[12] maximale monatliche Inflationsrate von 197 %[11]
1990 Peru[13] maximale monatliche Inflationsrate von 397 %
1990–1994 Bosnien und Herzegowina und Jugoslawien[14] maximale monatliche Inflationsrate von 322 %
1990–1994 Jugoslawien die dritthöchste jemals erreichte Inflation mit einer maximalen monatlichen Inflationsrate von 313 Millionen %
1990–1994 Zaire[15] maximale monatliche Inflationsrate von 250 %
1992 Russland[16] 1000 RUR

→ 1 RUB

maximale monatliche Inflationsrate von 245 %
1992 Ukraine maximale monatliche Inflationsrate von 285 %
1992–1994 Georgien maximale monatliche Inflationsrate von 211 %. Siehe Wirtschaft Georgiens
1993 Armenien maximale monatliche Inflationsrate von 438 %[11]
1993 Turkmenistan maximale monatliche Inflationsrate von 429 %
1994, 1996/1997 Angola[17]
2006–2009 Simbabwe Abschaffung der Währung die zweithöchste jemals erreichte Inflation mit einer maximalen monatlichen Inflationsrate von 79,6 Milliarden %, siehe auch Simbabwe-Dollar.
2011–2012 Weißrussland[18] 10.000 BYR

→ 1 BYN

siehe Weißrussischer Rubel
2016 Venezuela Der Präsident wollte im Juni 2018 bei der Währung "drei Nullen streichen"[19] tägliche Inflation sechs Prozent, Prognose für 2017: 2.400 %[20] Prognose für 2018: 13.864 % [21]

Auch vor dem 20. Jahrhundert gab es schwere Inflationen:

Zeitraum Land/Anmerkungen
276 bis 334 Weströmisches Reich
1166 Kaiserreich China[22]
1620–1623 Mitteleuropa
1719–1720 Frankreich[23]
1789–1796 Frankreich
1861–1865 USA, vor allem Südstaaten[24]

Literatur[Bearbeiten]

  • Adam Fergusson: Das Ende des Geldes (Englischer Originaltitel: When Money Dies); Finanzbuch-Verlag, München 2011 ISBN 978-3-89879-627-9[25]
  • Bernholz, Peter (2006): Monetary Regimes and Inflation. Edward Elgar.
  • Milton Friedman (Hrsg.): Studies in the quantity theory of money. University of Chicago Press, Chicago 1956.

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Phillip D. Cagan: : The Monetary Dynamics of Hyperinflation. In: Milton Friedman (Hrsg.): Studies in the quantity theory of money. University of Chicago Press, Chicago 1956, S. 25–117 (PDF; 1,2 MB@1@2Vorlage:Toter Link/sws.bu.edu (Seite nicht mehr abrufbar; Suche in Webarchiven)).
  2. Paul C. Martin: Wann kommt der Staatsbankrott?. München: Wirtschaftsverlag Langen-Müller/Herbig 1983, ISBN 3-7844-7119-6
  3. 3,0 3,1 3,2 3,3 Uwe Westphal: Makroökonomik: Theorie, Empirie und Politikanalyse. 2. Auflage. Springer-Verlag, 2013, ISBN 978-3-642-78955-7, S. 530 (Daten aus Michael Bruno: High Inflation and the Nominal Anchors of an Open Economy, Princeton 1991, S. 2).
  4. Archivlink (Memento vom 4. November 2004 im Internet Archive)
  5. Uwe Jean Heuser: weltwirtschaft: Die Wandlung des Jeffrey Sachs. In: Die Zeit. Nr. 38/2003 (online).
  6. http://2001662.homepagemodules.de/t475443f11745512_Nicaragua_Der_Sieg_der_Sandinisten.html
  7. Inflation and price stabilisation policy in Yugoslavia, Egon Žižmond, Faculty of Economics and Business Administration, University of Maribor, Maribor, Yugoslavia, published in: Post-Communist Economies, Volume 3 Issue 2 June 1991, pages 187-200, informaworld
  8. Banka Slovenije
  9. Archivlink (Memento vom 15. April 2005 im Internet Archive)
  10. Archivlink (Memento vom 18. Dezember 2004 im Internet Archive), siehe auch Fernando Henrique Cardoso
  11. 11,0 11,1 11,2 Heimo Losbichler: Cashflow, Investition und Finanzierung (= Grundlagen der finanziellen Unternehmensführung. Band 3). Band 3. Linde, Wien 2015, ISBN 978-3-7094-0678-6, S. 106 (Daten aus Märkte und Zertifikate März/April 2012, RBS-Bank).
  12. https://en.wikipedia.org/wiki/Defekte_Weblinks?dwl=http://www.inwent.org/E+Z/1997%E2%80%932002/ez602-9.htm Seite nicht mehr abrufbar], Suche in Webarchiven: @1@2Vorlage:Toter Link/www.inwent.org(PDF), [http://www.inwent.org/E+Z/1997%E2%80%932002/ez602-9.htm[http://deadurl.invalid/http://www.inwent.org/E+Z/1997%E2%80%932002/ez602-9.htm @1@2Vorlage:Toter Link/www.inwent.org (Seite nicht mehr abrufbar; Suche in Webarchiven)]
  13. Archivlink (Memento vom 1. September 2004 im Internet Archive)
  14. http://www.bmlv.gv.at/download_archiv/ausle_unterlagen/k_e_landesinfo_ab2.pdf (PDF)
  15. http://www.tomchao.com/hb20.html, http://129.194.252.80/catfiles/1916.pdf@1@2Vorlage:Toter Link/129.194.252.80 (Seite nicht mehr abrufbar; Suche in Webarchiven) (PDF)
  16. http://www.bpb.de/publikationen/D0THIA,0,0,Die_Finanzkrise_in_Russland_im_Gefolge_der_Asienkrise.html
  17. http://www.us-angola.org/pressreleases/071904.htm, Archivlink (Memento vom 30. Oktober 2004 im Internet Archive)
  18. http://wirtschaft.t-online.de/hyper-inflation-in-weissrussland/id_52182478/index
  19. Maduro lässt sich zum Wahlsieger erklären, SRF, 21. Mai 2018
  20. Tristes Leben mit der Hyperinflation, NZZ, 3. November 2016
  21. SPON, 20. Mai 2018
  22. http://www.ex.ac.uk/~RDavies/arian/amser/chrono4.html
  23. http://www.atimes.com/atimes/Global_Economy/DK08Dj01.html
  24. http://teacherlink.org/content/social/instructional/inflation/procedures.html
  25. 1.000.000.000.000 Mark in: FAZ vom 18. Juli 2011, Seite 10

Externe Links[Bearbeiten]

 Commons: Hyperinflation – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

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